Januar 2025
Bürokratieabbau im Arbeitsrecht durch Formerleichterungen ab 1. Januar 2025
Arbeitsverträge können formlos, somit auch mündlich oder per E-Mail oder Fax, geschlossen werden. In einer ganzen Reihe von Fällen verlangte das Gesetz jedoch für bestimmte Erklärungen oder Vereinbarungen die Schriftform. Beispielsweise hatte der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen. Der schriftliche Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen konnte nur durch einen schriftlichen Arbeitsvertrag ersetzt werden. Erklärungen des Arbeitnehmers zur Inanspruchnahme von Eltern- oder Pflegezeit mussten schriftlich erfolgen. Die im Arbeitsrecht zu beachtenden (Schrift)Formerfordernisse waren insbesondere für Arbeitgeber mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden. In Medienberichten Mitte März 2024 hieß es, die Ampelkoalition habe einen Reformschritt zum Bürokratieabbau im Arbeitsrecht vereinbart und wolle den „Papierzwang rund um Arbeitsverträge“ aufheben. Am 29. Oktober 2024 wurde das vierte Bürokratieentlastungsgesetz (4. BEG) vom 23. Oktober 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, das Änderungen von rund 70 Gesetzen enthält. Die Änderungen sind gemäß Art. 74 Abs. 1 des 4. BEG grundsätzlich am 1. Januar 2025 in Kraft getreten. Für einige Änderungen sieht Art. 74 Abs. 2 bis 13 des 4. BEG ein früheres oder späteres Inkrafttreten vor.
1. Nachweis wesentlicher Vertragsbedingungen
§ 2 Abs. 1 S. 1 NachweisG sieht einen schriftlichen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen vor, der gemäß § 2 Abs. 5 S. 1 NachweisG durch einen schriftlichen Arbeitsvertrag ersetzt werden kann. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 NachweisG kann nunmehr die Niederschrift in Textform (§ 126b BGB) abgefasst und elektronisch übermittelt werden, sofern das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Übermittlung aufgefordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Bei Arbeitnehmern, die in Branchen gemäß § 2a SchwarzArbG tätig sind, bleibt es nach § 2 Abs. 1 S. 6 NachweisG weiterhin bei dem Erfordernis eines schriftlichen Nachweises der wesentlichen Vertragsbedingungen. Auch für den nachweisersetzenden Arbeitsvertrag ist nach § 2 Abs. 5 S. 2 NachweisG nunmehr ein Nachweis in Textform unter den in 2 Abs. 1 S. 2 NachweisG geregelten Voraussetzungen ausreichend. Dies gilt nach § 2 Abs. 5 S. 3 NachweisG nicht bei Arbeitnehmern, die in Branchen gemäß § 2a SchwarzArbG tätig sind; in diesen Fällen ist zur Nachweisersetzung weiterhin ein schriftlicher Arbeitsvertrag erforderlich.
2. Zeugnis
630 S. 1 BGB und § 109 Abs. 1 S. 1 GewO sehen die Erteilung eines schriftlichen Zeugnisses vor. Gemäß § 630 S. 3 BGB und § 109 Abs. 3 GewO kann nunmehr mit Einwilligung des Dienstnehmers bzw. Arbeitnehmers das Zeugnis auch in elektronischer Form erteilt werden. Insoweit gilt also, dass die Textform weiterhin nicht ausreichend sein soll.
3. Elternzeit
15 Abs. 7 S. 1 BEEG verlangt die schriftliche Mitteilung des Anspruchs auf Teilzeit während der Elternzeit. Ab dem 1. Mai 2025 reicht hierfür die Textform aus. Auch für das Elternzeitverlangen gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG wird ab dem 1. Mai 2025 die Schriftform durch die Textform ersetzt.
Nach § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG muss die Ablehnung einer Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder in selbständiger Form schriftlich erfolgen. Ebenso setzt § 15 Abs. 7 S. 4 und 5 BEEG die schriftliche Ablehnung des Teilzeitanspruchs durch den Arbeitgeber voraus. Ab dem 1. Mai 2025 können die Ablehnungserklärungen des Arbeitgebers in Textform erfolgen. Demgegenüber bleibt es für die Ablehnung einer vorzeitigen Beendigung der Elternzeit gemäß § 16 Abs. 3 S. 2 BEEG unverändert beim Schriftformerfordernis.
4. Pflegezeit und Familien-Pflegezeit
Die Erklärungen zur Inanspruchnahme von Pflegezeit und Familien-Pflegezeit gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 und 6 PflegeZG und § 2a Abs. 1 S. 1 und 6 FPflZG können bereits jetzt in Textform abgegeben werden.
5. Aushang des Arbeitszeitgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes
Bislang war der Arbeitgeber gemäß § 16 Abs. 1 ArbZG verpflichtet, einen Abdruck des Arbeitszeitgesetzes sowie der darauf basierenden Bestimmungen zur Arbeitszeit an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen oder auszuhändigen. Nunmehr reicht eine Zurverfügungstellung über die im Betrieb übliche Informations- und Kommunikationstechnik aus. Dasselbe gilt für die Erfüllung der Aushangpflichten gemäß den §§ 47, 48 und 54 Abs. 3 JArbSchG (Bekanntgabe des Gesetzes und der Aufsichtsbehörde; Information über Arbeitszeit und Pausen; Information über Ausnahmebewilligungen).
6. Schriftform, elektronische Form und Textform
Die Schriftform verlangt die eigenhändige Namensunterschrift des Ausstellers auf der Urkunde (§ 126 BGB Abs. 1 BGB) und bei einem Vertrag die eigenhändige Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde (§ 126 Abs. 2 BGB). Die Eigenhändigkeit schließt jede Form der mechanischen Vervielfältigung der Unterschrift, wie zum Beispiel beim Telefax, aus. Bei der elektronischen Form ist die eigenhändige Signierung nicht erforderlich, dafür aber neben der Angabe des Namens eine qualifizierte elektronische Signatur (§ 126a BGB). Die Textform ist gewahrt, wenn eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird (§ 126b BGB). Dauerhafte Datenträger sind insbesondere elektronische Speichermedien wie E-Mail, CD-Rom, USB-Stick, Computerfax.
7. Fazit
Die grundsätzliche Ersetzung der Schriftform durch die Textform beim Nachweis wesentlicher Vertragsbedingungen sowie beim nachweisersetzenden Arbeitsvertrag ist mit wesentlichen Erleichterungen für den Arbeitgeber verbunden. Auch die Ersetzung der Schriftform durch die Textform bei den Erklärungen zur Inanspruchnahme von Elternzeit und Pflegezeit sowie zur Teilzeittätigkeit im Zusammenhang mit der Elternzeit und (prinzipiell) den entsprechenden Ablehnungserklärungen des Arbeitgebers erleichtert die Kommunikation ganz erheblich, weil auch insoweit insbesondere das mittlerweile innerbetrieblich übliche Kommunikationsmittel E-Mail genutzt werden kann.
Demgegenüber erspart die Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form bei der Zeugniserteilung zwar Papier, bringt aber keine wesentliche Erleichterung. Denn die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur ist mit einem erheblichen technischen und Anwender-Aufwand verbunden, um die einschlägigen Bestimmungen des Signaturgesetzes (SigG) einzuhalten. Erforderlich sind eine geeignete Hard- und Software (§§ 2 Nr. 10; 5 Abs. 6 SigG), ein qualifiziertes Zertifikat, das bestimmte Angaben enthalten (§ 7 SigG) und eine qualifizierte elektronische Signatur (§ 2 Nr. 3 SigG) tragen muss. Die Signierung des Dokuments erfolgt mit dieser qualifizierten elektronischen Signatur, und zwar durch Eingabe einer Chipkarte in ein Lesegerät als Zusatzgerät zum PC und einer PIN. Die elektronische Form hat bislang in der Praxis kaum Bedeutung.
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Autor dieses Beitrags:
Ralph Siebert
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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