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Dezember 2024

Closing Accounts vs. Locked Box – Kaufpreisregelungen im Überblick

Die Bestimmung und Verhandlung eines angemessenen Kaufpreises ist wesentlicher Bestandteil des Unternehmenskaufs bzw. -verkaufs. Da sowohl der Unternehmenswert als auch der daraus abgeleitete Kaufpreis stichtagsbezogene Größen sind, ist die Frage nach dem zugrunde zu legenden Stichtag eine zentrale Frage bei der Kaufpreisbestimmung. Grundsätzlich wird hierbei in der Praxis zwischen zwei Ansätzen unterschieden. Der sog. Locked-Box-Mechanismus sieht eine Kaufpreisbemessung auf Basis des letzten verfügbaren Jahresabschlusses vor. Im Gegensatz hierzu wird beim sog. Closing-Accounts-Mechanismus eine Zwischenbilanz zum Vollzugsstichtag (Closing) aufgestellt, die als Grundlage für die Kaufpreisbemessung dient. In diesem Beitrag möchten wir die beiden Ansätze genauer vorstellen und dabei auch auf ihre jeweiligen Besonderheiten eingehen.

In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass sich ein Kaufpreis grundsätzlich in mehrere Bestandteile gliedern kann (z. B. Sofortkaufpreis, Earn-Out, Verkäuferdarlehen). Es handelt sich hierbei um Gestaltungsmöglichkeiten, die insbesondere helfen können, um divergierenden Preisvorstellungen zwischen den Parteien beizukommen. Wir beschränken uns in diesem Beitrag auf die Ermittlung eines sachgerechten Gesamtkaufpreises und gehen dabei nicht auf die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten oder möglichen Zerlegungen dieses Kaufpreises in verschiedene Kaufpreisbestandteile ein.

1. Locked-Box-Mechanismus

Unter Anwendung des Locked-Box-Mechanismus wird der letzte verfügbare Jahresabschluss für die Kaufpreisbemessung herangezogen. Aus diesem Jahresabschluss ergeben sich die für die Unternehmensbewertung einschlägigen Bemessungsgrundlagen sowie notwendige Informationen für vorzunehmende Kaufpreisanpassungen, etwa im Rahmen des Cash-and-debt-free-Konzepts. Bei dem so ermittelten Kaufpreis handelt es sich um einen Festkaufpreis. Spätere Anpassungen, etwa aufgrund veränderter Liquiditätsbestände oder unerwarteter Ergebnisentwicklungen, sind ausgeschlossen. Das Zielunternehmen geht zu dem vereinbarten Festkaufpreis in dem Zustand auf den Käufer über, in dem es beim Closing ist.

Um zu verhindern, dass der Käufer sich auf diese Weise unzumutbaren Risiken aussetzt, unterliegt die Anwendung dieser Methode gewissen Einschränkungen bzw. notwendigen Ergänzungen. Da der Käufer die Zahlung eines Festkaufpreises zusagt, liegt das Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung des Targets nach dem Bilanzstichtag (Effective Date) bei ihm. Das Effective Date wird daher in diesem Fall auch als wirtschaftlicher Übertragungsstichtag bezeichnet. Obwohl der Käufer bereits das (wirtschaftliche) Risiko trägt, hat er aufgrund des noch ausstehenden Vollzugs keinen direkten Einfluss auf das Unternehmen, das in dieser Zeit weiterhin in der Hand des Verkäufers liegt und von diesem bis zum Vollzug geführt wird. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen und die dahingehenden Risiken und Zugriffsdefizite des Käufers abzumildern, sind gewisse Verhaltenspflichten vonseiten der Verkäufer einzuhalten und unzulässige Vermögensverschiebungen zugunsten der Verkäufer zu vermeiden.

Abgesehen von der Verpflichtung des Verkäufers, das Zielunternehmen bis zum Closing im Rahmen des ordentlichen Geschäftsbetriebs weiterzuführen und ggf. bestimmte Covenants einzuhalten, ist daher ein wesentlicher Grundsatz bei der Anwendung des Locked-Box-Mechanismus das sog. No-Leakage-Regime, das (unerlaubte) Liquiditätsabflüsse an den Verkäufer oder diesem nahestehende Personen im Zeitraum zwischen Effective Date und Closing untersagt. Als unerlaubter Liquiditätsabfluss gilt dabei jede Vermögensverschiebung zugunsten des Verkäufers, die nicht im Zuge der Kaufpreisermittlung eindeutig als erlaubter Mittelabfluss qualifiziert wurde. Die Festschreibung des Kaufpreises erfolgt damit unter Berücksichtigung sämtlicher, zum Zeitpunkt der Kaufpreisbestimmung bereits bekannter Wertabflüsse und -zuflüsse, die sich jeweils wertmindernd oder werterhöhend auf den Festkaufpreis auswirken. Insofern werden alle bekannten und quantifizierbaren Zukunftsereignisse bereits bei der Festschreibung des Kaufpreises berücksichtigt. Eine Absicherung gegen noch unbekannte Risiken und daraus ggf. drohende Wertabflüsse wird (unabhängig vom angewandten Kaufpreismechanismus) über die Implementierung entsprechender Garantien und Freistellungen im Kaufvertrag erzielt.

Um einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass der Käufer bereits ab dem Effective Date wirtschaftlicher Eigentümer des Zielunternehmens ist und ihm damit auch die ab diesem Stichtag erwirtschafteten Gewinne zustehen, wird der ermittelte Festkaufpreis im Regelfall verzinst und für den Zeitraum zwischen Effective Date und Closing ein Zinsaufschlag an den Verkäufer gezahlt.

Die Anwendung des Locked-Box-Mechanismus bringt verschiedene Vorteile mit sich. Insbesondere aus Sicht des Verkäufers sind die mit der Vereinbarung eines Festkaufpreises verbundene Sicherheit und das deutlich minimierte Risiko einer drohenden Kaufpreisreduktion zum Closing ein entscheidender Pluspunkt. Die Klarheit dieser Methode hat zur Folge, dass die Verhandlungsergebnisse im Regelfall weniger streitanfällig sind, was gleichzeitig mit einer höheren Transaktionssicherheit verbunden ist. In diesem Sinne bieten sich auch aus Käufersicht gewisse Vorteile, wenn auch die Methode eher als verkäuferfreundlich gilt. Letztlich ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Anwendung der Locked-Box-Methode gewisse Anforderungen insbesondere an die Datenqualität der Finanzbuchhaltung im Zielunternehmen stellt. Verstöße zum Beispiel gegen vereinbarte Covenants oder Leakage-Klauseln können nur dann frühzeitig erkannt werden, wenn ein stabiles, zuverlässiges Monatsreporting eine entsprechende Auswertung und Analyse ermöglicht.

2. Closing-Accounts-Mechanismus

Bei einer Transaktion unter Anwendung des Closing-Accounts-Prinzips wird zum Closing-Stichtag eine Zwischenbilanz aufgestellt, die in der Folge als Grundlage für die endgültige Kaufpreisbestimmung dient. Alle kaufpreisrelevanten Sachverhalte, die sich bis zum Closing ereignen, werden somit in der Kaufpreisbemessung berücksichtigt. Der vom Käufer zu zahlende Kaufpreis bildet damit den Zustand des Unternehmens in der Form ab, wie es zum Closing aufgestellt ist und auch auf den Käufer übergeht.

Die Risiken des Käufers sind bei dieser Methode gegenüber dem Locked-Box-Mechanismus insoweit abgemildert, als die Übertragung des wirtschaftlichen Risikos mit der Eigentumsübertragung am Closing Date zusammenfällt. Die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens in der Zeit zwischen dem letzten Bilanzstichtag und dem Closing wird über die Zwischenbilanz im Kaufpreis abgebildet und liegt damit nicht in der Risikosphäre des Käufers, sondern in der des Verkäufers. Der Käufer übernimmt also erst dann das wirtschaftliche Risiko, wenn er auch Eigentümer des Unternehmens ist und entsprechend Einfluss auf die Entwicklung des Unternehmens hat. Vor allem die im Locked-Box-Regime so wichtige Vereinbarung von Leakage-Klauseln zur Festlegung erlaubter Vermögensabflüsse spielt aus diesem Grund beim Closing-Accounts-Mechanismus keine Rolle.

Die Herausforderung bei einer Closing-Accounts-Transaktion ist vielmehr die unmissverständliche Festlegung des Kaufpreismechanismus bzw. der zum Closing Date vorzunehmenden finalen Bewertung sowie insbesondere der sich daran anschließenden Kaufpreisanpassungen im Unternehmenskaufvertrag (SPA). Hintergrund ist, dass der Tag der Vertragsunterzeichnung (Signing Date) dem Closing Date zeitlich vorgelagert ist und der finale, auf Basis der Zwischenbilanz zum Closing ermittelte Kaufpreis zum Signing Date somit noch nicht feststeht. In den SPA kann daher nur ein vorläufiger Kaufpreis aufgenommen werden. Um Konflikten bei der Bestimmung des finalen Kaufpreises vorzubeugen, ist der Mechanismus, nach dem der finale Kaufpreis später zu bestimmen ist, möglichst klar und eindeutig im SPA zu festzulegen. Dies bezieht sich insbesondere auf die für die Kaufpreisanpassung (Cash-and-debt-free) einschlägigen Bilanzpositionen, für die bestenfalls gesondert aufzuführen ist, inwieweit sie kaufpreisrelevant sein sollen. Nur so können spätere Auseinandersetzungen aufgrund unterschiedlicher Interpretationen oder Vorstellungen der jeweiligen Parteien vermieden werden.

Aus Käufersicht bietet insbesondere das reduzierte Risiko allgemeiner Verschlechterungen der Unternehmenslage im Closing-Accounts-Mechanismus einen großen Vorteil. Häufig verstreichen zwischen dem letzten Bilanzstichtag und dem Closing mehrere Monate, in denen sich wichtige Finanzkennzahlen des Unternehmens verändern können. Während nach dem Locked-Box-Prinzip aufgrund des festgeschriebenen Kaufpreises der Käufer das Risiko für derartige Veränderungen trägt, ist dies beim Closing-Accounts-Mechanismus aufgrund der finalen Kaufpreisanpassung zum Closing Date nicht der Fall. Positive wie negative Unternehmensentwicklungen wirken sich hier unmittelbar auf die Höhe des finalen Kaufpreises aus. Eine Closing-Accounts-Transaktion eignet sich daher vor allem bei solchen Targets, deren Geschäftsentwicklung zum Effective Date nur schwer prognostizierbar ist und bei denen größere Veränderungen (positiver wie negativer Art) bis zum Closing wahrscheinlich oder sogar erwartbar sind.

3. Fazit

Die Einigung der Vertragsparteien über den Kaufpreis für das Zielunternehmen ist Voraussetzung für die Vertragsunterzeichnung. Die Einigkeit kann sich dabei entweder auf einen festgeschriebenen Kaufpreis (Locked-Box-Mechanismus) oder auf die grundsätzliche Herleitung des Kaufpreises anhand festgelegter Anpassungsmechanismen und Referenzgrößen (Closing-Accounts-Mechanismus) beziehen. Beide Verfahren können grundsätzlich ihre Berechtigung haben, wobei die jeweils individuelle Situation des Targets, aber auch die Risikobereitschaft der jeweiligen Vertragsparteien bei der Auswahl der Methodik eine Rolle spielen. Unabhängig davon kann mit Hilfe der Expertise erfahrener Berater über eine entsprechende Vertragsgestaltung sichergestellt werden, dass sowohl für Käufer- als auch Verkäuferseite sämtliche etwaige Risiken in Zusammenhang mit der Kaufpreisbestimmung abgedeckt sind.

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Autorin dieses Beitrags:

Annabelle Ritter
Consultant

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