Zum Hauptinhalt springen

April 2025

Die doppelnützige Treuhand als strategisches Sanierungsinstrument

Unternehmen geraten aus vielfältigen Gründen in wirtschaftliche Schieflagen: Marktveränderungen, plötzliche Umsatzeinbußen oder
externe Krisen können schnell existenzbedrohende Situationen
schaffen. In diesen Fällen ist eine vorausschauende Restrukturierung entscheidend, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten und eine Insolvenz zu vermeiden.

Ein bewährtes Instrument zur außergerichtlichen Sanierung ist die
doppelnützige Treuhand. Sie schafft eine Brücke zwischen den Interessen des Unternehmens und seiner Gläubiger, indem sie Vermögenswerte oder Unternehmensanteile auf eine neutrale Instanz überträgt, die den Restrukturierungsprozess steuert. Durch diese Struktur kann das Unternehmen handlungsfähig bleiben, während die Gläubiger durch die geordnete Verwaltung des Unternehmens zusätzliche Sicherheit gewinnen.

Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Konzept? Welche Vorteile bietet es, und welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind zu
beachten? Dieser Beitrag erläutert die wichtigsten Aspekte der doppelnützigen Treuhand und zeigt auf, wann ihr Einsatz sinnvoll ist.

1. Was ist die doppelnützige Treuhand?

Die doppelnützige Treuhand ist ein Sanierungsinstrument, das eine Übertragung von Vermögenswerten oder Geschäftsanteilen auf einen neutralen Treuhänder vorsieht. Der Treuhänder übernimmt die Verwaltung und Steuerung des Unternehmens mit dem Ziel, eine wirtschaft-liche Sanierung zu ermöglichen.

Der Name „doppelnützig“ rührt daher, dass diese Treuhandlösung sowohl den Gläubigern als auch dem Unternehmen selbst zugutekommt:

  • Für das Unternehmen bedeutet die Treuhand, dass es weiterhin operativ tätig bleiben kann, ohne sofort in eine Insolvenz zu
  • Für die Gläubiger bietet sie die Sicherheit, dass eine unabhängige Instanz mit der Restrukturierung betraut ist und keine Vermögensverschiebungen zu ihrem Nachteil stattfinden.

Im Unterschied zu anderen Treuhandmodellen wird die doppelnützige Treuhand also nicht nur für den Vorteil einer einzigen Partei eingesetzt, sondern sie verfolgt eine übergeordnete Sanierungsstrategie, die einen Interessenausgleich zwischen allen Beteiligten schafft.

2. Vorteile der doppelnützigen Treuhand für Unternehmen und Gläubiger

Die doppelnützige Treuhand hat sich als wertvolles Instrument im Bereich der Unternehmenssanierung bewährt, da sie eine Vielzahl von Vorteilen bietet:

Schutz vor Insolvenzantragspflichten

Eine der größten Herausforderungen für Geschäftsführer in Krisenzeiten ist die drohende Insolvenzantragspflicht. In Deutschland besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Insolvenzanmeldung, sobald Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt (§ 15a InsO). Die Übertragung von Unternehmensanteilen auf einen Treuhänder kann helfen, die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen und eine geordnete Sanierung einzuleiten.

Vertrauensbildung bei Gläubigern

Viele Restrukturierungen scheitern, weil Gläubiger das Vertrauen in die Geschäftsleitung verloren haben. Durch die Bestellung eines neutralen Treuhänders erhalten die Gläubiger eine zusätzliche Sicherheit, dass die Unternehmensführung objektiv erfolgt und keine einseitigen Maßnahmen getroffen werden.

Flexibilität in der Sanierung

Während eine Insolvenz oft zu einer Zerschlagung des Unternehmens führt, bietet die doppelnützige Treuhand die Möglichkeit, langfristige Sanierungskonzepte umzusetzen. Der Treuhänder kann mit Gläubigern verhandeln, neue Investoren einbinden oder den operativen Betrieb so stabilisieren, dass eine spätere Rückführung des Unternehmens in die Hände der Gesellschafter möglich ist.

Werteerhalt des Unternehmens

Ein weiterer Vorteil liegt im Werterhalt des Unternehmens. In einer Insolvenz gehen oft erhebliche Werte verloren, sei es durch die Abwanderung von Kunden, den Verlust von Geschäftspartnern oder eine negative Marktreaktion. Die doppelnützige Treuhand verhindert diesen Effekt, indem sie eine kontrollierte Fortführung des Unternehmens ermöglicht.

Attraktivität für Investoren

Für potenzielle Investoren ist eine durch einen Treuhänder verwaltete Restrukturierung oft interessanter als eine Insolvenz. Die geordnete Sanierung bietet eine bessere Planungssicherheit und vermeidet die Risiken einer Insolvenzabwicklung.

3. Rechtliche Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten

Die doppelnützige Treuhand ist ein komplexes rechtliches Konstrukt, das verschiedene Rechtsgebiete berührt – insbesondere das Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht und Restrukturierungsrecht. Damit die Treuhandlösung ihre gewünschte Wirkung entfalten kann, ist eine sorgfältige vertragliche Gestaltung erforderlich.

Gesellschaftsrechtliche Aspekte

Die Übertragung von Geschäftsanteilen an einen Treuhänder erfordert eine rechtlich präzise Ausgestaltung. Besonders bei GmbHs und Personengesellschaften müssen die gesellschaftsrechtlichen Regelungen beachtet werden, insbesondere die Zustimmungserfordernisse und Mitspracherechte der Gesellschafter.

Insolvenzrechtliche Rahmenbedingungen

Die Treuhandlösung muss so gestaltet sein, dass sie den insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln standhält. Eine fehlerhafte Gestaltung kann dazu führen, dass die Treuhandübertragung später als unwirksam angesehen wird, was schwerwiegende Folgen für alle Beteiligten haben kann.

Steuerliche Aspekte

Die Übertragung von Unternehmensanteilen oder Vermögenswerten kann steuerliche Konsequenzen haben. Eine detaillierte steuerliche Planung ist erforderlich, um unerwünschte Steuerlasten zu vermeiden.

4. Wann ist der Einsatz einer doppelnützigen Treuhand sinnvoll?

Die doppelnützige Treuhand eignet sich besonders für Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlichen Krise befinden, aber noch über Sanierungsperspektiven verfügen. Typische Szenarien sind:

  • Krisenbedingte Gesellschafterkonflikte: Wenn Gesellschafter nicht mehr handlungsfähig sind oder unterschiedliche Interessen verfolgen, kann ein neutraler Treuhänder die Steuerung übernehmen.
  • Liquiditätsengpässe: Wenn kurzfristig Kapital fehlt, kann die Treuhandlösung genutzt werden, um eine Sanierung ohne Insolvenz durchzuführen.
  • Gläubigerforderungen nach einer neutralen Instanz: Viele Gläubiger akzeptieren Sanierungsmaßnahmen nur, wenn sie von einer unabhängigen Partei begleitet werden.
  • Übertragungen im Rahmen eines Restrukturierungsverfahrens nach StaRUG: Die doppelnützige Treuhand kann eine sinnvolle Ergänzung zur Umsetzung eines Restrukturierungsplans sein.

5. Fazit

Die doppelnützige Treuhand ist ein leistungsfähiges Sanierungsinstrument, das Unternehmen in wirtschaftlichen Krisen erhebliche Vorteile bieten kann. Sie ermöglicht eine geordnete Sanierung außerhalb der Insolvenz, schafft Vertrauen bei Gläubigern und erhält den Unternehmenswert.

Download

Ausführliche Informationen haben wir in einem PDF-Dokument zusammengestellt, dass Sie untenstehend herunterladen können.

Beachten Sie dazu auch gerne unsere weiteren Beiträge auf der Renneberg Unternehmensseite bei LinkedIn – Sie sind herzlich eingeladen, Follower zu werden!


Autor dieses Beitrags:

Sebastian Kölln
Partner
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht

Für weitere Informationen können Sie mich gerne auch direkt kontaktieren!
koelln@renneberg-gruppe.de
040 3006188-440