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Oktober 2024

Die Güterstandsschaukel

Die Güterstandsschaukel kann zu einem erheblichen Erbschafts-/Schenkungssteuervorteil führen und zugleich in Kombination mit weiteren Maßnahmen zur Nachfolgeplanung genutzt werden. So wird die Güterstandsschaukel sehr häufig mit der Gründung einer Familiengesellschaft oder einer Familienstiftung verbunden, bei der es vordergründig um die Übertragung von Einkunftsquellen auf die nachfolgende Generation geht (Familiensplitting). Mit dieser Form der Nachfolge lassen sich neben vielen anderen außersteuerlichen Vorteilen bedeutsame Erbschafts- und Ertragssteuereffekte erzielen.

In diesem Kontext sind weitere wesentliche Vorsorgeinstrumente wie z. B Testamente zu sehen. So sind nach einem Güterstandswechsel auch die Testamente der Ehegatten auf den Prüfstand zu stellen oder ggf. für begünstigte Kinder nach dem Eintritt in eine Familiengesellschaft erstmals Testamente zu erstellen.  

1. Grundlagen

Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft – also ohne Ehevertrag – leben, haben auch bei weiterhin bestehender Ehe die Möglichkeit durch notarielle Erklärung vom Güterstand der Zugewinngemeinschaft in den Güterstand der Gütertrennung zu wechseln (Schritt 1). Nach einem solchen Wechsel besteht die Möglichkeit wieder in den gesetzlichen Güterstand zurückzukehren (Schritt 2). So geschehen, bezeichnet man das als Güterstandsschaukel. Zur Erreichung der umfangreichen Vorteile ist Schritt 2 allerdings nicht erforderlich. Es reicht der Wechsel aus dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft in den Güterstand der Gütertrennung, um den gewünschten Effekt zu erzielen.  

Rechtsfolge eines Übergangs vom gesetzlichen Güterstand zur Gütertrennung ist, dass der sogenannte Zugewinnausgleich zwischen den Ehegatten vorgenommen werden muss. Hierzu stellen die Ehegatten ihr jeweiliges Endvermögen im Zeitpunkt der Vereinbarung der Gütertrennung dem Anfangsvermögen zu Beginn der Ehe gegenüber. Die Differenz ist, der während der Ehe erwirtschaftete (Vermögens)Zugewinn. Der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn ist dem Ehegatten mit dem niedrigeren Zugewinn ausgleichsverpflichtet (Zugewinnausgleichsanspruch; ZGA).

Der ZGA ist ein auf Geldleistung gerichteter Anspruch. Dieser Aspekt hat insbesondere bei der steuerrechtlichen Umsetzung eine besondere Bedeutung.

2. Zielsetzung

Bei der klassischen Nachfolgeregelung, insbesondere größerer Vermögen, ist das Gebot der frühen Stunde zu beachten. Gerade bei nicht bzw. nicht nennenswert von der Erbschaftssteuer verschonten Vermögenswerten, wie z. B. Immobilien, Depots, Kunstgegenstände etc. sollten die Ehegatten zur Vermeidung von Erbschaftssteuern frühzeitig die sukzessive Übertragung auf die nächste Generation vornehmen. 

Dieser ZGA ist unter dem Aspekt der Nachfolgeregelung ein elementar wichtiger Bestandteil, verbunden mit der Zielsetzung das Familienvermögen im ersten Schritt möglichst gleichmäßig auf die Ehegatten zu verteilen. Die sich daraus ergebenden Vorteile können dem Punkt der „steuerlichen Beurteilung“ entnommen werden. So viel sei schon vorausgeschickt, die dabei entstehenden steuerlichen Vorteile sind von erheblicher Bedeutung.

3. Umsetzung

Ehegatten, die sich diesen Vorteil nicht entgehen lassen möchten, sollten sich im Vorfeld der notariellen Vereinbarung zum Güterstandswechsel umfassend, insbesondere in familien- und erbrechtlicher Hinsicht, anwaltlich beraten lassen. Mit Blick auf die steuerrechtliche Umsetzung ist ebenso Experten-Know-How gefragt.

Nach Abschluss der notariellen Vereinbarung zum Wechsel in den Güterstand der Gütertrennung ist unbedingt darauf zu achten, dass der ZGA so wie in der Vereinbarung beschrieben auch tatsächlich durchgeführt wird.

4. Steuerrechtliche Beurteilung

Erbschaftssteuerlich ist die Erfüllung eines ZGA kein steuerpflichtiger Vorgang. Der Übergang des Vermögens aus dem ZGA stellt einen nicht der Erbschafts-/Schenkungssteuer unterliegenden Vermögenstransfer zwischen den Ehegatten dar.

Durch die gleichmäßige Verteilung des Vermögens können beide Ehegatten alle 10 Jahre jeweils einen schenkungssteuerfreien Betrag von TEUR 400 auf die Kinder übertragen und somit die Freibeträge optimal ausnutzen. Bei einer deutlich ungleichen Verteilung des Familienvermögens auf einen der beiden Ehegatten, kann bei Anwendung der Güterstandsschaukel eine Verdoppelung der Schenkungssteuerfreibeträge erreicht werden. Darüber hinaus ist damit der Grundstein dafür gelegt, dass durch die gleichmäßige Verteilung des Familienvermögens auch die im ErbStG verankerte Steuerprogression vermindert wird. In dieser Ausgangssituation lassen sich je nach Anzahl der Kinder erhebliche Erbschafts-/Schenkungssteuervorteile erreichen.

Sollten die Ehegatten bereits bei Beginn der Ehe den Güterstand der Gütertrennung gewählt haben, sind ihnen die Vorteile der Güterstandsschaukel nicht verwehrt. Allerdings ist vor der Anwendung der Güterstandsschaukel zunächst der auf den Beginn der Ehe rückwirkende Wechsel in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft erforderlich. Nachdem eine gewisse Zeit verstrichen ist, können die Ehegatten erneut in einer notariellen Vereinbarung den Wechsel in die Gütertrennung vereinbaren. Die rückwirkende Vereinbarung zum Wechsel in den gesetzlichen Güterstand wird von der Finanzverwaltung allerdings nur im Rahmen eines güterrechtlichen Zugewinnausgleiches und nicht im Rahmen eines erbrechtlichen Zugewinnausgleiches anerkannt. Das bedeutet, dass im Todesfall der ZGA ohne die Zeit der Ehe vor dem Wechsel in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft berechnet wird, also der erbschaftssteuerfreie ZGA deutlich kleiner ausfällt. 

Wird der ZGA nicht durch eine Geldzahlung vorgenommen, was regelmäßig der Fall ist, ist bereits bei Abschluss der Vereinbarung auf ertragsteuerliche Fallstricke zu achten. Insbesondere ist Vorsicht geboten, wenn steuerverstricktes Vermögen (z. B. Depotbestände, Unternehmensvermögen, Geschäftsanteile an gewerblich tätigen Gesellschaften oder Grundstücke, die sich noch nicht länger als 10 Jahre im Familienbesitz befinden) im Rahmen des ZGA auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten übertragen werden sollen. Zur Vermeidung der Entstehung von Ertragsteuern kommt es neben der Vereinbarung zum Güterstandswechsel auf die spätere tatsächliche Durchführung an.

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Autor dieses Beitrags:

Heinrich Kottik
Partner
Steuerberater

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