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Juni 2025

Grundstücke im Zustand der Bebauung: Verwaltungsvermögen Ja oder Nein

Mit zwei Urteilen vom 14.11.2024 hat das FG Münster Klarheit bei der Übertragung von Betriebsimmbolien im Bebauungszustand und deren erbschaftsteuerlichen Behandlung geschaffen. Nach Auffassung des FG Münster zählen nicht vermietete Grundstücke, die sich zum Stichtag im Zustand der Bebauung befinden, nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG.

1. Begünstigtes Betriebsvermögen iSd §§ 13a, 13b ErbStG

Die §§ 13a, 13b ErbStG ermöglichen bei Erwerb von begünstigtem (Betriebs-)Vermögen eine Steuerverschonung von 85% oder sogar 100%. Die Regelungen zielen darauf ab, in personaler Verantwortung geführte Betriebe, namentlich die deutsche KMU-Landschaft, zu schützen (BT-Drucks. 16/7918 S. 23). Hohe Steuersätze bei der Erbschaftsteuer können bei nicht vorhandener Liquidität den Erwerber vor erhebliche Probleme stellen, so dass unter Umständen die notwendige Liquidität für die Aufrechterhaltung des Betriebes nicht mehr gegeben ist.

Bei der erbschaftsteuerlichen Befreiung von Betriebsvermögen ist das sog. Verwaltungsvermögen des Betriebes ausgenommen. Bei Verwaltungsvermögen handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die in der Regel der risikolosen Vermögensverwaltung zuzuordnen sind (BT-Drucks. 16/7918 S. 35). Die Unterscheidung dient der zielgenauen Begünstigung. Die Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens sind in § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 5 ErbStG abschließend aufgezählt. Zu diesen gehören nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG auch Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke.

2. Die Entscheidungen des FG Münster

Ein Grundstück ist Dritten zur Nutzung überlassen, wenn der Nutzende ein Recht zum Besitz auf Grundlage einer mit dem Grundstückseigentümer getroffenen Vereinbarung hat (Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, 102. Lieferung, 10/2024, § 13b Rn. 93). Unerheblich ist dabei, ob die Nutzungsüberlassung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, auf welchem Rechtsgrund sie fußt und auf welche Dauer sie angelegt ist (Kirnberger, in: ErbStG – eKommentar, 1974, § 13b ErbStG Rn. 63).

Die Überlassung an Dritte muss grundsätzlich zum maßgeblichen Stichtag vorliegen, in dem die Steuer entsteht (§§ 9 und 11 ErbStG; Stichwort: „Stichtagsprinzip“). Das FG Münster hatte sich nun mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ausnahmsweise auch eine Anknüpfung an zukünftige Verhältnisse, eine Absicht zukünftiger Vermietung, in Betracht kommt. Diese Frage wurde klar verneint. Eine Abweichung vom strengen Stichtagsprinzip sei im Wortlaut der Regelung – anders als bei seiner Nachbarvorschrift § 13b Abs. 5 ErbStG – nicht angelegt. Der Wortlaut fordere vielmehr ein tatsächliches Überlassen zum Stichtag („Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke“). Dies bestätige auch der Vergleich mit § 13d Abs. 3 Nr. 1 ErbStG, der durch seinen weiter gefassten Wortlaut („Grundstücke […], die zu Wohnzwecken vermietet werden“) auch die zukünftig beabsichtigte Nutzung berücksichtige.

Ferner führe der Sinn und Zweck nicht zu einer anderen Bewertung. Bei Grundbesitz in Bebauung stehe zum Stichtag noch nicht zwingend fest, wie dieser später genutzt wird. Damit wäre es möglich, dass das Grundstück in Zukunft originär betrieblich genutzt wird und damit nicht zum Verwaltungsvermögen zählt. Abschließend lehnt das FG eine analoge Ausweitung des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG ab. Der Katalog des Verwaltungsvermögens sei abschließend. Jede erweiternde Analogie sei verboten, denn sie wirke sich zulasten des Steuerpflichtigen aus.

Mit Rücksicht auf die zum Stichtag nicht erfolgte Überlassung an Dritte zählte das FG damit folgerichtig Grundstücke im Zustand der Bebauung nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG.

3. Fazit

Ergänzend zu dem Urteil des FG Münster hat dies auch gekärt ob ein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO vorliegen würde. Das FG Münster lehnte einen Gestaltungsmissbrauch ab und stellte fest, dass die Wahl des Schenkungszeitpunktes nicht unter die vorgenannten Kriterien subsumiert werden kann. Vielmehr sei eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen zum Ablauf eines Wirtschaftsjahres üblich und aufgrund der ohnehin aufgestellten Bilanz auch praktikabel.

Durch die Urteile des FG Münster vom 14.11.2024 erlangen Unternehmen bedeutende Erleichterungen und mehr Gestaltungsspielraum bei der Übertragung von Betriebsimmobilien. Zusätzlich erhalten Steuerpflichtige Klarstellung dahingehend, wie mit Immobilien im Zustand der Bebauung umgegangen werden muss.

Eine gewisse Unsicherheit verbleibt jedoch, zum Beispiel bei der frühzeitigen Unterzeichnung Mietverträgen. Ebenfalls bleibt abzuwarten wie der BFH im anhängigen Revisionsverfahren entscheiden wird.

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Autor dieses Beitrags:

Friedrich Wille

Friedrich Wille
Partner
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht

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