Skip to main content

Juli 2024

Reformvorschlag: So soll die Unternehmensnachfolge einfacher werden

Laut einer Studie des Ifo-Instituts und der Stiftung Familienunternehmen steht in nahezu jedem zweiten Familienunternehmen innerhalb der nächsten drei Jahre ein Generationenwechsel an. Aus diesem Grund wurde die Arbeitsgruppe „Kodifizierung des Unternehmenskaufs“ der Justizminister und Justizministerinnen eingesetzt. Diese zielt darauf ab, die Möglichkeit einer Kodifizierung des Rechts des Unternehmenskaufs zu untersuchen und Vorschläge zur Erhöhung der Rechtssicherheit und Transparenz sowie zur Verbesserung der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen zu erarbeiten.

Der Bericht der Justizministerkonferenz vom 05. und 06. Juni 2024 betont die Diskrepanz zwischen der hohen wirtschaftlichen Bedeutung von Unternehmenskäufen und der rudimentären rechtlichen Regelung dieses Bereichs im deutschen Recht. Es wird hervorgehoben, dass Unternehmenskäufe komplexe Vorgänge sind, die eine hohe Rechtssicherheit und Transparenz erfordern.

Derzeit gibt es nach wie vor zahlreiche ungelöste rechtliche Fragen im Bereich des Unternehmenskaufs, die weder durch Gesetz noch durch Rechtsprechung adäquat beantwortet werden. Dazu gehören etwa die Notwendigkeit notarieller Beurkundung beim Asset Deal oder die Regelungen zur Mängelgewährleistung.

Um die offenen Fragen beantworten zu können, enthält der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe 12 konkrete Empfehlungen zur Anpassung und Ergänzung des geltenden Rechts, die nachfolgend aufgelistet sind:

1. Definition des Unternehmenskaufs

Es wird vorgeschlagen, eine gesetzliche Definition des Unternehmenskaufs einzuführen, die auch die Unterfälle „Share Deal“ (Erwerb von Geschäftsanteilen) und „Asset Deal“ (Erwerb einzelner Vermögensgegenstände des Unternehmens) umfasst. Dies soll den Anwendungsbereich weiterer Vorschriften für diese spezielle Art des Kaufs klar festlegen.

2. Ausnahme von der Beurkundungspflicht

Der Unternehmenskauf soll ausdrücklich von der Beurkundungspflicht nach § 311b Abs. 3 BGB ausgenommen werden, es sei denn, andere gesetzliche Vorschriften erfordern eine Beurkundung. Dies würde die Transaktionen vereinfachen und die Kosten senken.

3. Kaufpreisbestimmung

Wenn die Kaufpreisbestimmung von einem Schiedsgutachten abhängig ist, sollte gesetzlich geregelt werden, dass die Fälligkeit der Leistung im Regelfall erst mit der verbindlichen Feststellung durch den Gutachter oder bei Übergang des Leistungsbestimmungsrechts auf das Gericht mit dessen rechtskräftiger Entscheidung eintritt.

4. Pflichten zwischen Vertragsschluss und Vollzug

Eine ausdrückliche Pflicht des Verkäufers zur Fortführung des Unternehmens nach den Grundsätzen eines ordentlichen Kaufmanns soll aufgenommen werden. Zusätzlich sollen die Parteien zur Vornahme vereinbarter Mitwirkungshandlungen verpflichtet werden. Ggf. sollte ein außerordentliches Rücktrittsrecht bei wesentlicher Veränderung des Unternehmens eingeführt werden.

5. Mängelrechte

Der Beschaffenheitsbegriff im Sachmängelrecht soll für den Unternehmenskauf weiterentwickelt und präzisiert werden (§ 434 Abs. 2 und Abs. 3). Die von der herrschenden Meinung angewandte Formel zur Gesamterheblichkeit sollte in den Mangelbegriff einbezogen werden, um die sachgerechte Anwendung des gesetzlichen Gewährleistungsrechts zu erleichtern.

6. Ausschluss des Rücktrittsrechts nach Vollzug

Nach dem Vollzug des Unternehmenskaufvertrags sollte das Rücktrittsrecht wegen Mängeln des Unternehmens (§ 437 Nr. 2 1. Alt BGB) grundsätzlich ausgeschlossen werden, es sei denn, besondere Konstellationen liegen vor. Auch das Recht der Nacherfüllung (§ 437 Nr. 1 BGB) sollte bezogen auf das Unternehmen als solches ausgeschlossen werden.

7. Offenlegung und Mängelrechte

Der Ausschluss der Mängelrechte bei Kenntnis des Käufers (§ 442 BGB) sollte präzisierend an eine angemessene Offenlegung von sachmangelrelevanten Informationen durch den Verkäufer anknüpfen.

8. Wissenszurechnung

Die Grundsätze zur Wissenszurechnung zu Lasten des Verkäufers (§§ 442, 444 BGB) sollten gesetzlich präzisiert werden. Die in der Rechtsprechung des BGH erarbeiteten Grundsätze zur Wissensorganisation in Unternehmen können hier als Vorbild dienen.

9. Verjährung

Eine einheitliche Verjährungsfrist für Sachmängelansprüche aus einem Unternehmenskaufvertrag sollte festgelegt werden, angelehnt an die bestehende gesetzliche Regelung des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Außerdem sollte gesetzlich geregelt werden, dass der Anspruch auf Kaufpreisanpassung nach den allgemeinen Vorschriften verjährt.

10. Übergang von Rechtsverhältnissen (Asset Deal)

Der Übergang von Rechtsverhältnissen beim Asset Deal sollte erleichtert und auch ohne Zustimmung des Vertragspartners (Dritter) ermöglicht werden. Die Voraussetzungen für den Rechtsübergang und die angemessene Kompensation eines Eingriffs in die Rechte des Dritten sollten gesetzlich festgelegt und die hoch umstrittenen Rechtsnormen der §§ 25, 26 HGB reformiert werden.

11. Übergang öffentlich-rechtlicher Berechtigungen

Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts sollten die Möglichkeiten zur Überleitung von personenbezogenen Berechtigungen erweitert werden, um Hemmnisse für die Unternehmensnachfolge abzubauen. Dies würde die Attraktivität und Rechtssicherheit bei Unternehmenskäufen erhöhen.

12. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

Für das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird empfohlen, im Anschluss an die Neuregelung in § 310 Abs. 1a BGB die Einführung einer beschränkten Bereichsausnahme für große Unternehmen zu prüfen. Dies soll den besonderen Anforderungen von Unternehmenskäufen Rechnung tragen.

Ziel dieser Empfehlungen ist es die rechtliche Sicherheit und Transparenz im Bereich des Unternehmenskaufs zu erhöhen, die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen zu verbessern und die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu steigern. Sie sollen insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) die Unternehmensnachfolge erleichtern und die Komplexität der Vertragsgestaltung verringern.

Download

Ausführliche Informationen haben wir in einem PDF-Dokument zusammengestellt, dass Sie untenstehend herunterladen können.

Beachten Sie dazu auch gerne unsere weiteren Beiträge auf der Renneberg Unternehmensseite bei LinkedIn – Sie sind herzlich eingeladen, Follower zu werden!


Autor dieses Beitrags:

Sebastian Kölln
Partner
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht

Für weitere Informationen können Sie mich gerne auch direkt kontaktieren!
koelln@renneberg-gruppe.de
040 3006188-440