Zum Hauptinhalt springen

Juli 2025

Vaterschaftsurlaub in der Warteschleife – Was das Urteil des LG Berlin II vom 1. April 2025 für Arbeitgeber bedeutet

Mit der Geburt eines Kindes beginnt für viele Väter eine neue Lebensphase – doch das deutsche Arbeitsrecht tut sich schwer damit, darauf zu reagieren. Während andere europäische Länder längst einen gesetzlichen Vaterschaftsurlaub eingeführt haben, fehlt es in Deutschland bislang an einer entsprechenden Regelung. Dies hat nun ein Vater vor dem Landgericht Berlin II (Urt. v. 01.04.2025, Az. 26 O 133/24) zum Anlass genommen, den Staat zu verklagen – bisweilen ohne Erfolg.

Das Urteil wirft grundlegende Fragen auf: Wie weit reicht der Einfluss europäischen Rechts? Welche Ansprüche können Väter geltend machen? Und was bedeutet das Urteil für Arbeitgeber hinsichtlich der praktischen Handhabung einschließlich der Schaffung familienfreundlicher Rahmenbedingungen?

1. Der rechtliche und politische Hintergrund

Die Diskussion um den Vaterschaftsurlaub ist seit Jahren ein fester Bestandteil familien- und arbeitsrechtlicher Debatten in Deutschland. Während das Mutterschutzgesetz seit Langem verbindliche Regelungen zum Schutz und zur Freistellung von Müttern nach der Geburt vorsieht, existiert bislang keine gesetzlich garantierte Freistellung für Väter unmittelbar nach der Geburt ihres Kindes.

2019 wurde die europäische „Vereinbarkeitsrichtlinie“ (RL (EU) 2019/1158 vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige) erlassen, nach derer die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs von 10 Tagen nach der Geburt in den Mitgliedsstaaten vorgesehen ist. Umsetzungsfrist dieser Richtlinie für die Mitgliedsstaaten war der 2. August 2022.

Die Umsetzungspflicht besteht allerdings ausnahmsweise nicht, wenn ein Mitgliedsstaat gemäß Artikel 20 Absatz 6 und Absatz 7 der Richtlinie von der Einführung „befreit“ ist. In Deutschland läge aufgrund der auch für Väter bestehenden Elternzeit- und Elterngeldregelungen eine solche Ausnahme vor – so jedenfalls das BMFSFJ. Folglich bestehe kein Bedarf für die Einführung eines Vaterschaftsurlaubes.

Dennoch hatten die vorherigen deutschen Koalitionspartner die Einführung eines entsprechenden Urlaubs im Koalitionsvertrag aus 2021 vereinbart. Ein Gesetz wurde in der letzten Legislaturperiode – wohl aufgrund von Finanzierungsfragen – jedoch nicht verabschiedet.

2. Das Urteil des Landgerichts Berlin im Überblick

Der nun vor dem LG Berlin II klagende Vater sieht keinen Ausnahmetatbestand und damit die Umsetzungspflicht als nicht erfüllt an. Er hatte nach der Geburt seines Kindes Erholungsurlaub genommen. Seiner Ansicht nach hätte er aber aufgrund der europäischen Vereinbarkeitsrichtlinie einen zweiwöchigen vergüteten Vaterschaftsurlaub erhalten müssen. Da ihm dieser nicht gewährt wurde, rügte er u.a. eine unzureichende Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie und verlangte von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Schadensersatz.

Nach der Argumentation des Klägers reiche die derzeitige deutsche Regelung nicht aus, um die Voraussetzungen der Richtlinie zu erfüllen. Insbesondere unterscheide sich die Zweckbestimmung der nationalen Regelungen von Elternzeit und Elterngeld von den mit der Richtlinie verfolgten. 

Das erkennende Gericht wies die Klage ab. Laut Begründung des LG Berlin II seien die bestehenden nationalen Regelungen ausreichend. Nach aktueller Rechtslage können Väter bis zu sieben Monate durch Elterngeld bezuschusste Elternzeit – und damit auch nur für zwei Wochen – beantragen. Ein bezahlter Vaterschaftsurlaub für den unmittelbaren Zeitraum nach der Geburt des Kindes sei daher für die Erfüllung der Umsetzungspflicht nicht erforderlich.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

3. Bedeutung für Arbeitgeber

Der nun vor dem LG Berlin II klagende Vater sieht keinen Ausnahmetatbestand und damit die Umsetzungspflicht als nicht erfüllt an. Er hatte nach der Geburt seines Kindes Erholungsurlaub genommen. Seiner Ansicht nach hätte er aber aufgrund der europäischen Vereinbarkeitsrichtlinie einen zweiwöchigen vergüteten Vaterschaftsurlaub erhalten müssen. Da ihm dieser nicht gewährt wurde, rügte er u.a. eine unzureichende Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie und verlangte von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Schadensersatz.

Nach der Argumentation des Klägers reiche die derzeitige deutsche Regelung nicht aus, um die Voraussetzungen der Richtlinie zu erfüllen. Insbesondere unterscheide sich die Zweckbestimmung der nationalen Regelungen von Elternzeit und Elterngeld von den mit der Richtlinie verfolgten. 

Das erkennende Gericht wies die Klage ab. Laut Begründung des LG Berlin II seien die bestehenden nationalen Regelungen ausreichend. Nach aktueller Rechtslage können Väter bis zu sieben Monate durch Elterngeld bezuschusste Elternzeit – und damit auch nur für zwei Wochen – beantragen. Ein bezahlter Vaterschaftsurlaub für den unmittelbaren Zeitraum nach der Geburt des Kindes sei daher für die Erfüllung der Umsetzungspflicht nicht erforderlich.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

4. Empfehlungen für den Arbeitgeber

Vor dem Hintergrund des Urteils des LG Berlin II und der anhaltenden politischen Diskussion um den Vaterschaftsurlaub sollten Arbeitgeber frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um arbeitsrechtliche Unsicherheiten zu minimieren und gleichzeitig ein familienfreundliches Arbeitsumfeld zu fördern. Folgende Empfehlungen bieten sich an:

  • Interne Richtlinien zur Vaterschaftsfreistellung entwickeln: Auch ohne gesetzliche Verpflichtung kann es sinnvoll sein, klare betriebsinterne Regelungen zu formulieren – etwa zur unbezahlten oder bezahlten Freistellung rund um die Geburt eines Kindes. Dies schafft Transparenz und beugt willkürliche Einzelfallentscheidungen vor.

  • Flexibilität in der Personalplanung berücksichtigen: Arbeitgeber sollten bei der Dienst- und Einsatzplanung berücksichtigen, dass kurzfristige Freistellungswünsche von Vätern zunehmen könnten. Eine entsprechende personelle Backup-Struktur kann helfen, betrieblichen Abläufen Sicherheit zu geben.

  • Dialogorientierte Unternehmenskultur fördern: Offene Gespräche mit Mitarbeitenden über deren familiäre Belange – insbesondere im Hinblick auf die Geburt eines Kindes – fördern Vertrauen und erleichtern die einvernehmliche Lösung individueller Freistellungswünsche.

  • Rechtliche Entwicklungen beobachten: Angesichts der EU-rechtlichen Verpflichtungen und der laufenden Debatte auf Bundesebene sollten Arbeitgeber die weitere Gesetzgebung zum Vaterschaftsurlaub im Blick behalten, um bei Inkrafttreten einer entsprechenden Regelung schnell reagieren zu können.

  • Risiken bei Ablehnung von Freistellungswünschen prüfen: Arbeitgeber sollten bei der Ablehnung entsprechender Anträge stets eine einzelfallbezogene Prüfung dokumentieren.

Download

Ausführliche Informationen haben wir in einem PDF-Dokument zusammengestellt, dass Sie untenstehend herunterladen können.

Beachten Sie dazu auch gerne unsere weiteren Beiträge auf der Renneberg Unternehmensseite bei LinkedIn – Sie sind herzlich eingeladen, Follower zu werden!


Autorin dieses Beitrags:

Gretje Mannigel

Gretje Mannigel
Rechtsanwältin in Anstellung

Für weitere Informationen können Sie mich gerne auch direkt kontaktieren!
mannigel@renneberg-gruppe.de
040 3006188-440